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Junge Frau im Wald verschollen: Ein mysteriöser Vermisstenfall hat Polizei und Feuerwehr in Gleichen stundenlang in Atem gehalten. An dem Großeinsatz waren auch ein Hubschrauber und Suchhunde beteiligt. Am Ende tauchte die Frau unversehrt wieder auf – inklusive kurioser Erklärung für ihr Verschwinden.

 

Gleichen/Seeburg

Ein mysteriöser Vermisstenfall hat Polizei und Feuerwehr in der Gemeinde Gleichen beschäftigt. Über Stunden war eine 27 Jahre alte Frau wie vom Erdboden verschluckt. Der Fall löste einen Großeinsatz aus, an dem auch ein Hubschrauber und mehrere Suchhunde beteiligt waren. Am Ende tauchte die Frau unversehrt wieder auf. Ein Happy End mit einer kuriosen Geschichte.

 

Es ist Freitag, 12. Juni. Das Wetter ist traumhaft schön. Ein 28-jähriger Göttinger und seine 27-jährige Bekannte aus Marburg beschließen, mit dem Fahrrad von Göttingen zum Seeburger See zu fahren. Nach Angaben von Göttingens Polizeisprecherin Jasmin Kaatz machen sie sich gegen 15.30 Uhr auf den Weg. Auf dem Hengstberg, einer Erhöhung etwa sieben Kilometer östlich von Göttingen, legen die Ausflügler eine Rast ein. Das Gebiet ist bewaldet. Nördlich liegt der kleine Ort Potzwenden, östlich Sattenhausen. Bis zum Seeburger See sind es noch etwa acht Kilometer.

 

Wie die beiden der Polizei später schildern, ist die junge Frau erschöpft und gibt ihrem Begleiter daher ihren Rucksack, in dem sich außer anderen persönlichen Dingen auch ihr Smartphone befindet. Zusammen brechen sie wieder auf. Der 28-Jährige fährt voraus.

Nach einiger Zeit bemerkt er, dass seine Begleiterin nicht mehr da ist. Er wartet, doch sie taucht nicht auf. Also fährt er den Weg zurück, um sie zu suchen. „Er hat seine Freundin überall gesucht, gerufen und geschrien, aber er hat sie nicht gefunden“, sagt Gleichens Gemeindebrandmeister Heiko Böhlken, der später den Einsatz der Feuerwehr koordinieren wird.

 

Gegen 17 Uhr gibt der 28-Jährige die Suche auf. Er alarmiert die Polizei. Die schickt eine Streife. Die Polizisten suchen das Gelände ab, überprüfen Wald- und Feldwege, checken die umliegenden Ortschaften. Ohne Erfolg. Die 27-Jährige bleibt verschollen. „Die Kollegen haben dann die Feuerwehr alarmiert und einen Hubschrauber für die weitere Suche angefordert“, erklärt Kaatz. Mittlerweile ist es 19.45 Uhr.

 

Gemeindebrandmeister Böhlken trommelt etwa 60 Einsatzkräfte der Ortsfeuerwehren Groß Lengden, Sattenhausen, Rittmarshausen, Wöllmarshausen und Diemarden zusammen. Auf dem Sportplatz Sattenhausen wird ein Lagezentrum eingerichtet. Die Feuerwehr entscheidet, vom ehemaligen Rastplatz der Ausflügler an einer Köhlerhütte sternförmig den Wald abzusuchen. Außerdem kreisen drei Fahrzeuge um das Gebiet. Auch eine Drohne kommt zum Einsatz.

Zehn Suchhunde und ein Hubschrauber. Parallel dazu fordert die Polizei nach Angaben von Kaatz die Rettungshundestaffeln Göttingen und Werra-Meissner an, die sieben Flächensuchhunde schicken. Außerdem hilft die Rettungshundestaffel Teamdogs aus Breitenworbis mit drei sogenannten Mantrailern, also Personenspürhunden, bei der Suche. Gegen 20.45 Uhr trifft der Hubschrauber mit Wärmebildkamera ein. Doch alle Bemühungen, die 27-Jährige zu finden, bleiben erfolglos. Langsam, aber sicher wird es dunkel.

 

In der Zwischenzeit hat der 28-Jährige über eine Mitbewohnerin seiner Bekannten die Telefonnummer der Mutter der Vermissten ausfindig gemacht, wie Kaatz weiter berichtet. Als die Polizei die Mutter anruft, erzählt diese den Beamten, dass sie gegen 22 Uhr einen Anruf ihrer Tochter erhalten habe. Demnach habe die 27-Jährige ihren Kumpel bei einer Radtour verloren und müsse abgeholt werden – bei einer Adresse in Seeburg. „Dort haben wir die Vermisste dann auch tatsächlich angetroffen“, sagt Kaatz.

 

Die 27-Jährige berichtet den Beamten, dass sie, als sie ihren Bekannten verloren habe, weiter zum Seeburger See gefahren sei. Schließlich sei das ihr gemeinsames Ziel gewesen. Sie habe den See dann auf der Suche nach ihm mehrmals umrundet, aber ohne Erfolg. Als es dunkel wurde, habe sie dann ein Paar aus Seeburg angesprochen, das ihr sofort etwas zu trinken und einen Schlafplatz angeboten habe. Von dort aus habe sie dann ihre Eltern angerufen. Die Nummer ihres Bekannten habe sie nicht auswendig gekonnt.

 

„Wir sind alle froh, dass die Geschichte gut ausgegangen ist“, sagt Kaatz. Den beiden Ausflüglern sei kein Vorwurf zu machen, sie hätten nicht grob fahrlässig gehandelt. Demnach müssten diese ihrer Meinung nach auch nicht für die Kosten des Einsatzes aufkommen. Das sieht Gemeindebrandmeister Böhlken ähnlich: „Wir sind alle froh über den guten Ausgang.“ Eines aber könne man aus dem kuriosen Vermisstenfall lernen: Jeder sollte bei einem Ausflug ein Handy bei sich führen – und es nicht aus der Hand geben.

(Bericht Göttinger Tageblatt)